Wesentliche Änderungen zur Prognose im März
- Die Maßnahmen über den Sommer werden nicht so streng sein, wie ich ursprünglich angenommen habe ...
- ... dafür verlängert sich die Zeit bis eine Normalisierung eintritt wahrscheinlich bis zur Impfung in 12-18 Monaten (statt 6 Monate)
- Es ist wie erwartet zu keiner Eskalation gekommen, dass es auch lokal keine Überlastungen des Gesundheitswesens gab und die Intensivbetten nur zu 25% benötigt wurden, war bemerkenswert. Ich gehe nun davon aus, dass dies auch kein Risiko für die restliche Zeit der Pandemie sein wird.
- Positiv überraschend ist auch, dass die Disziplin in demokratischen Ländern dem totalitären China um nichts nach steht.
Aktualisierte allgemeine Lageeinschätzung
- Österreich beginnt mit den Öffnungen der Wirtschaft per 16. April, 1. Mai und 15. Mai. Es ist abzuwarten, wie sich der R0 Wert entwickeln wird.
Deutschland war nicht so rigoros wie Österreich, hat somit auch einen höheren R0 Faktor (+/-1 vs. 0,6 in Österreich) und wird ebenfalls die Maßnahmen in den nächsten Wochen lockern. - Vieles deutet auf eine leichte Entspannung im Sommer und ein größeres Risiko einer 2. Welle im Herbst. Die Verschärfung der Lage wird uns noch bis zur Impfung beschäftigen.
- Da die Bevölkerung mit Antikörpern deutlich unter 10% liegt und die Neuinfektionen zurückgehen ist keine Herdenimmunität in Sicht. Damit ist die Impfung wahrscheinlich der einzige Ausweg aus der aktuellen Situation.
- Es gibt aktuell viele Studien für verbesserte Therapiemöglichkeiten von COVID-19, einiges ist vielversprechend. Man kann aber noch keinen Fortschritt verzeichnen.
- Mit der Impfung ist erst in 2021 zu rechnen. Am schnellsten ist aktuell Oxford mit einem Start der Phase 3 Tests im Juni und einer möglichen Listung per September 2020.
- Die befürchteten Probleme mit den Mitarbeitern sind weitestgehend ausgeblieben. Die Krankenstände sind sehr niedrig, die Anwesenheit sehr hoch und jeder ist froh einen Arbeitsplatz zu haben.
- Die Stundungen von Krediten durch die Banken führt zu einer Kreditklemme und in den meisten Fällen ist die einzige zusätzliche Liquidität durch Garantien des Staates möglich.
Neues für den Textilservice?
Frei nach "Im Westen nichts Neues":
- Keine neuen Vorschreibungen / Empfehlungen des RKI. Die COVID-19 Wäsche ist damit streng genommen nur "infektionsverdächtig".
- Die Wäschereien sind nicht "systemrelevant". Aus Sicht der Politik ist dies nachvollziehbar, da kein Risiko eines Versorgungsengpasses aufgrund der reduzierten Wäschemengen besteht. Des weiteren hat "Systemrelevanz" auch rechtliche Grundlagen, die während einer Pandemie schwer umzusetzen sind.
- Die Politik focusiert sich vor allem auf Einweg-Artikel für die persönliche Schutzausrüstung (PSA). Dies ist m.E. nach ein viel problematischeres Thema als die Einstufung als "systemreleant".
Es werden so Überkapazitäten für die Produktion von Einwegmaterialien aufgebaut, die nach der Pandemie einen Subsitutionsdruck für Mehrweg erzeugen werden.
Zudem ist dies als Vorbereitung für die nächste Pandemie in 5-70 Jahren eine schlechtere Vorbeugungsmaßnahme als ausreichende Lager an Mehrweg PSA. Bis zu diesem Zeitpunkt sind diese Überkapazitäten nicht mehr vorhanden. - Der Aktienkurs von Börsennotierten Unternehmen der Branche (Elis, Cintas usw.) ist stärker eingebrochen als der Gesamtmarkt. Der Finanzmarkt schätzt somit das Risiko der Branche als hoch ein. Dies kann sich negativ auf die Refinanzierung der Branche auswirken.
Eine sehr detaillierte und konservative Liquiditätsplanung für 18 Monate ist sehr wichtig! - Einige in der Branche (vor allem Großunternehmen) beginnen aktuell die Zeit ganz gezielt für Prozessverbesserungen zu nutzen.
- Viele Großunternehmen in der Branche schließen ganze Werke und verlagern Kunden. Wichtig ist dass die Kunden maximal gut informiert werden und die Belieferung immer sichergestellt ist.
War es ein Fehlalarm?
Grundsätzlich ist die öffentliche Diskussion zu begrüßen und sie hilft, dass es keine überbordenden Maßnahmen seitens der Politik geben wird.
Des weiteren ist es positiv, wenn man die Eigenverantwortlichkeit jedes einzelnen betont. Außerdem werden die Vorbeugemaßnahmen, die jeder einzelne zur Verbesserung des eigenen Immunsystems tun kann aktuell zu wenig thematisiert.
Natürlich gibt es im Gesundheitswesen nun einen gewissen Frust, da man "umsonst" sich auf die große Welle vorbereitet hatte und diese nun absolut nicht gekommen ist. Es ist einfach schwierig bis unmöglich eine exponentielle Entwicklung und das Verhalten der Bevölkerung genau vorauszusagen.
Den Vergleich mit der Grippe kann ich persönlich nicht nachvollziehen.
Hier eine Begründung.
Die Übersterblichkeit ist bis zu doppelt so hoch wie die berichtete Totesrate
Bei der saisonalen Grippe wird die tatsächliche Sterblichkeit mit der Übersterblichkeit gemessen (Bsp RKI: Link). Hier wird verglichen wieviele Personen im Betrachtungszeitraum generell gestorben sind gegenüber der durchschnittlichen Sterblichkeit in den Vorjahren.
Die Übersterblichkeit bei COVID-19 ist bis zu doppelt so hoch wie die ausgewiesene Todesrate. (Bsp. Belgien: Link)
Die Maßnahmen in Deutschand und Österreich waren rechtzeitig
Belgien ist vielleicht auch ein gutes Beispiel wie der Verlauf gewesen wäre, wenn wir langsamer reagiert hätten:
Obwohl die Kurven von Deutschland, Österreich und Belgien rund um den 15 März vom gleichen Punkt aus starten ist die Sterblichkeit in Belgien das 10-fache. (die Graphik ist logarithmisch)
CFR (Case Fatality Rate) und IFR (Infection Fatality Rate) wird verwechselt.
Die Case Fatality Rate ist eigentlich für den Bürger irrelevant, da es das Risko darstellt, an COVID-19 zu sterben, wenn man auch offiziell mit der Krankheit diagnostiziert wurde. Viele werden aber nicht getestet.
Letztendlich kann man die tatsächliche Sterblichkeitsrate erst nach dem Ende der Pandemie tatsächlich berechnen. Akutell muss man die heutigen Toten mit den Toten vor rund 14 Tagen vergleichen.
Wichtiger ist daher die "Infection Fatality Rate". Wieviele sterben die tatsächlich infiziert sind?
Beispiel Diamond Prinzess:
- Von den infizierten Passagieren sind 1,5% gestorben.
Beispiel Belgien:
- Gesamtbevölkerung: 11,46 Mio.
- Offiziell Infizierte per 13.4.2020: 30.600 (die heute gestorbenen waren ca. bis zum 13.4. infiziert)
- Mögliche Dunkelziffer: Faktor 20 (bereits hoch geschätzt. In NY ist der Faktor 10 bei einer gleichen Anzahl von Tests)
- Wahrscheinlich Infizierte zum 13.4.2020. 600.000 (30.600 x Faktor 20)
- Offizielle Tote zum 27.4.2020: 7.331
- Infektionssterblichkeit: 1,2%
- Tote auf Basis der Übersterblichkeit: 14.000
- Todesrate auf Basis Übersterblichkeit: 2,3%
Beispiel NY:
- 13,9% der Bevölkerung von NY State haben Antikörper für COVID-19 (Test von 3.000 Personen bei Supermärkten)
- 2,7 Mio von 19,5 Mio Bürgern könnten somit infiziert gewesen sein.
- bei aktuell 15.100 ausgewiesenen Toten ergibt dies
- 0,56% Infektionssterblichkeit
- Diese Zahl wird wahrscheinlich noch steigen, da laut Govaneur Coumo nicht alle Toten erfasst sind und auch noch einige aktuell Infizierte sterben werden.
Die Maßnahmen waren wirksam
Man sieht international deutliche Unterschiede im Verlauf der Pandemie je nach Social Distancing und Sensibilisierung der Bevölkerung.
Da die Ausbreitung exponentiell erfolgt, war auch der Zeitpunkt der Maßnahmen richtig. 2-3 Wochen später hätte es schon zu einer richtigen Eskalation führen können.
Leider kann aber niemand mit Gewissheit sagen, welche Maßnahmen wie viel gewirkt haben und welchen Einfluss das Wetter auf die Entwicklung hatte. Somit werden die nächsten 12-18 Monate auch von einem gewissen Versuch und Irrtum seitens der Politik geprägt sein.
Es ist leider keine exakte Wissenschaft sondern eher mit dem Lenkrad eines Autos mit 10-15 cm Spiel im Lenkrad vergleichbar. Man lenkt nach links, merkt das man zu weit nach links abtriftet, legt dann das Lenkrad nach rechts an bis man zu weit nach rechts lenkt ...
Nicht mit der Grippe vergleichbar
Man kann daher von einer Infektionssterblichkeit von 0,4% bis über 1% in den industrialisierten Ländern ausgehen - je nach Altersstruktur und tatsächlicher Effektivität des Gesundheitswesens zum Zeitpunkt des Ausbruchs.
In den Entwicklungsländern kann dies trotz jüngerer Bevölkerung auch deutlich darüber liegen. In Afrika sind 2,1% der Gesamtbevölkerung HIV positiv (20% in Südafrika), viele haben unbehandelte Tuberkulose, viele sind unter- bzw. mangelernährt und das Gesundheitswesen ist praktisch inexistent. Gleiches trifft auf viele Länder in Asien zu.
Die Infektionssterblichkeit bei der Schweinegrippe war im Vergleich 0,02%.
Laut RKI sind jährlich 4-16 Mio Deutsche mit der Grippe infiziert und die Anzahl der Toten beträgt wenige Hundert bis 20.000 ... dies Ergibt eine Infektionssterblichkeit von bis zu 0,1%.
Bei einer vollen Infektion der Bevölkerung (keine Maßnahmen) wäre in Deutschland mit mindestens 200.000-400.000 Toten und einer noch deutlich höheren Übersterblichkeit aufgrund der Überlastung des Gesundheitswesens zu rechnen gewesen.
Da auch praktisch alle Pflegekräfte und Angehörige infiziert worden wären, ist eine Isolation der vulnerablen Gruppen nicht möglich.
Unter den Vorerkrankungen werden in NY vor allem Bluthochdruck, Diabetis und hohe Blutfettwerte berichtet (Link). Es sterben somit auch viele Personen mit einer noch entsprechend hohen Lebenserwartung. Persönlich hat ein Freund von mir einen Onkel mit 55 Jahren ohne wesentliche Vorerkrankungen durch COVID-19 verloren.
Somit ist der Unterschied zur Grippe:
- keine Vorimmunität - die Infektion erfasst somit nicht 4-20% der Bevölkerung sondern 60-80%
- 5-20 fache Mortalität
- 5-20 facher Anteil der hospitalisierten Patienten
- damit resultierende potentielle Überlastung des Gesundheitswesens
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